• Physiotherapie via Telefon? – Warum ein Experiment in Großbritannien Schule machen könnte!

    Viele Erkrankungen des Bewegungsapparates führen den betroffenen Patienten nach seinem Besuch beim Arzt weiter zum Physiotherapeuten. Je nach Erkrankung, Wohngegend und Physiotherapeuten-Dichte kann es wenige Tage bis hin zu wenigen Wochen dauern, bis der Patient mit der Physiotherapie beginnen kann. Auf der anderen Seite können Patienten aber bei vielen Krankheiten auch viel selbst tun – wenn sie wissen, was sie tun sollen. In Großbritannien wurde deshalb eine Studie durchgeführt, bei welcher ein Drittel der Patienten zuerst mit einem telefonischen Termin mit dem Physiotherapeuten ihre Behandlung begannen. Unter dem Titel „PhysioDirect“ wurde so ein Programm ins Leben gerufen, welches erstaunliche Ergebnisse vorweisen kann.

    Spannende Fakten aus einer Studie

    Das britische Gesundheitssystem zeichnet sich vor allem in ländlichen Gegenden durch eine Unterversorgung mit Physiotherapeuten aus. Viele Patienten warten einen Monat oder sogar länger auf ihren Termin. Ein großer Teil von ihnen verzichtet nach einigen Wochen Wartezeit dann sogar ganz auf eine physiotherapeutische Behandlung. Auf Grundlage dieses Wissens wurde „PhysioDirect“ ins Leben gerufen und durch eine weitere Studie begleitet.
    Physiotherapie via Telefo

    Soforthilfe per Telefon

    Im Rahmen von „PhysioDirect“ wird dem Patienten innerhalb weniger Tage nach seinem Besuch beim Arzt ein Telefontermin für eine persönliche physiotherapeutische Beratung angeboten. Die oft sehr kurzfristig vereinbarten Termine bieten dem Physiotherapeuten die Möglichkeit, die Schwere der Beschwerden der Patienten zu erfassen und Ratschläge für die notwendigen ersten Schritte zu Hause zu geben. Nicht zu unterschätzen ist offensichtlich dabei auch die psychologische Seite der Beratung – fühlen sich die so betreuten Patienten doch in jedem Fall besser betreut und beraten als die Patienten auf der Warteliste.

    Hilfe zur Selbsthilfe

    Ein wichtiges Element der Beratung ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Tipps zum richtigen Verhalten im Alltag und zu passenden Übungen führen in vielen Fällen sogar dazu, dass ein Termin in der Praxis nicht mehr nötig ist. Das verkürzt zusätzlich die bestehenden Wartelisten.

    Oft keine weitere Konsultation notwendig

    Die Ergebnisse der Studie sind deutlich: Bei den Patienten, die auf eine Warteliste kamen und deshalb auf ihren Praxis-Termin warten sollten, verzichtete die Hälfte der Patienten komplett auf eine Behandlung. Wurde im PhysioDirect-Arm eine telefonische Erstberatungen angeboten, verzichtete darauf weniger als ein Fünftel der Patienten. Nach dem Gespräch zu einem persönlichen Termin in die Praxis kam nur noch die Hälfte der Patienten. Die anderen gaben an, mit der Unterstützung zufrieden gewesen zu sein. Vergleicht man Patienten, die zum ersten Termin in der Praxis waren mit denen, die nach dem telefonischen Erstgespräch erst zum zweiten Termin persönlich kamen, so fällt auf, dass nach Nutzung von PhysioDirect die Behandlungszeiten deutlich kürzer ausfielen.

    Vergleichbare Erfolgsrate

    Im Zeitraum von 6 Wochen und 6 Monaten nach dem Arztbesuch wurden die Patienten erneut zu ihrem Eindruck und ihrer Zufriedenheit befragt. Außerdem wurden die aufgrund der Erkrankung genommenen Krankentage ausgewertet und verglichen. Die Ergebnisse zwischen beiden Armen waren absolut vergleichbar. Auch dann, wenn nur eine telefonische Erstberatung stattgefunden hatte, weil eine Behandlung in der Praxis für unnötige erachtet worden war, waren die Patienten sehr zufrieden.

    Fazit: Ob eine telefonische Beratung einen Besuch in der Praxis ersetzen kann, erscheint auf den ersten Blick zweifelhaft. Die Ergebnisse der PhysioDirect-Studie untermauern jedoch, dass eine telefonische Erstberatung eine interessante Alternative für Wartezeiten ist und durchaus zum festen Element der physiotherapeutischen Arbeit werden könnte.