1. Stellung des Ellbogens bei gestrecktem Arm # 1
    Gast1311

    Stellung des Ellbogens bei gestrecktem Arm

    Guten Abend Forum,

    dieses Thema brennt mir seit längerer Zeit unter den Nägeln, weswegen ich noch im alten Jahr dieses Forum bemühen möchte.

    Zur Vorgeschichte: ich betreibe seit einigen Jahren eine chinesische Kampfkunst namens Wing Tsun. Der gesundheitliche Aspekt, innerhalb dieses Systems bedeutet mir sehr viel, deswegen auch meine Frage, die ich bewußt in diesem Forum stelle. Im Übrigen sind diese Umstände auch auf das Tennis, Kugelstoßen o.a. Sportarten übertragbar...

    1. Ich gehe von einer vollständigen Streckung des Armes bei jeglicher Technik (welche dies verlangt) innerhalb des Wing Tsun aus.

    2. Ich habe (wenn auch spät) entdeckt, daß viele fortgeschrittene Lehrer beim Fauststoß (aufrechte Faust!) den Ellbogen im Moment der vollständigen Streckung nach oben rotieren, d.h. er bleibt nicht auf dem ganzen Weg immer tief, sondern stellt sich im letzten Moment auf. Die Beuge zeigt dann nach innen, die Ellbogenspitze nach außen.

    3. Ich glaube, daß das Ellbogengelenk aufgrund seiner Beschaffenheit durchaus große Kräfte vertragen kann, wenn dann wird beim Schlagen ins Gelenk die Ulna und der Oberarmknochen belastet.

    4. Bei der von mir unter 2. beschriebenen Technik würde das für die Schulter eine Innenrotation bedeuten, was mitunter eine Belastung der Supraspinatussehne nach sich ziehen würde, weil man ja auch zwangsläufig den Tuberculum maius (?) aufstellt.

    Um sich das etwas besser verdeutlichen zu können, habe ich hier zwei links mit Bildern angehängt:
    Anatomie des Fausstoßes
    Faustoß

    Meine Frage lautet, wie sich die "gegebene" Anatomie nun mit der richtigen Technik am besten verbinden lässt, ohne gesundheitliche Risiken eingehen zu müssen. Mir ist auch bewußt, daß das Schlagen "in" ein Gelenk niemals gut sein kann. Man setzt durch die hohe Geschwindigkeit in der Ausführung die Gelenke jedoch einer enormen Fliehkraft aus (weil man unter anderem im Punkt der vollständigen Streckung den Armes diesen aus der Schulter nach hinten zieht), weshalb eigentlich die eigentliche Kraft durch die Bänder aufgefangen wird. Das nennt man auch "Peitscheneffekt".

    Ich bedanke mich für Eure Stellungnahmen und Antworten,
    Jörg

  2. Stellung des Ellbogens bei gestrecktem Arm # 2
    APM
    Hallo Jörg,
    Gelenk belastende Bewegungen sind nicht prinzipiell schädigend. Ausschlaggebend für eine Schädigung ist erstens die Kraft, die auf das Gelenk einwirkt, zweitens die Häufigkeit, und drittens der Trainingszustand.

    So wird z.b. für einen geübten Schlagzeuger 4 Stunden Spielen mit Sicherheit keine Probleme nach sich ziehen. 10 Stunden wahrscheinlich schon (er hätte Muskelkater, evtl. Überlastungsschmerzen in den Gelenken, und er würde erst mal ein oder zwei Tage eine Spielpause einlegen). Eine halbe Stunde Schlagzeugspiel kann bei einem völlig Ungeübten allerdings schon heftige Entzündungen an Gelenken, Sehnenscheiden, etc. hervorrufen.


    Du schreibst:
    2. Ich habe (wenn auch spät) entdeckt, daß viele fortgeschrittene Lehrer beim Fauststoß (aufrechte Faust!) den Ellbogen im Moment der vollständigen Streckung nach oben rotieren, d.h. er bleibt nicht auf dem ganzen Weg immer tief, sondern stellt sich im letzten Moment auf. Die Beuge zeigt dann nach innen, die Ellbogenspitze nach außen.

    Für kraftvolle Bewegungen nach vorne ist eine Innenrotation im Schultergelenk sogar günstiger (= Ellenbogen zeigt nach außen), weil die Innenrotatoren stärker als die Außenrotatoren sind, und außerdem die zweit- und drittstärksten Muskeln für die Innenrotation UND die Anteversion (Schulter und Arm nach vorne bringen) die selben sind (Pectoralis maj. und Bizeps brachii). Starke und viele Muskeln, die an einer Bewegung beteiligt sind bedeuten mehr Kraft und auch mehr Schnelligkeit.


    Du schreibst weiter:
    3. Ich glaube, daß das Ellbogengelenk aufgrund seiner Beschaffenheit durchaus große Kräfte vertragen kann, wenn dann wird beim Schlagen ins Gelenk die Ulna und der Oberarmknochen belastet.

    Bei nicht hypermobilen Menschen hemmt die sehr starke ventrale Kapsel des Ellenbogens die Streckung VOR dem knöchernen Kontakt von Humerus und Ulna.
    Neben dem Humero-Ulnar-Gelenk wird natürlich auch das Humero-Radial-Gelenk bei endgradiger Ellenbogenstreckung belastet.


    Du schreibst weiter:
    4. Bei der von mir unter 2. beschriebenen Technik würde das für die Schulter eine Innenrotation bedeuten, was mitunter eine Belastung der Supraspinatussehne nach sich ziehen würde, weil man ja auch zwangsläufig den Tuberculum majus (?) aufstellt.

    Was meinst du mit „Tuberculum majus aufstellen“?

    Wenn du Angst um deine Supraspinatussehne hast, solltest du alle kraftvollen Bewegungen vermeiden (keine Bierkästen heben!), denn der Supraspinatus hat erstens als Hauptaufgabe den Oberarmkopf in der Pfanne zu halten, und zweitens ist die Supraspinatussehne lagebedingt nicht gut versorgt, und neigt daher auch bei kleineren Verletzungen zu Heilungsproblemen. Was ich damit sagen will: nur weil du eine Innenrotation machst, nimmt nicht zwangsweise deine Supraspinatussehne Schaden.


    Deine Frage, wie sich die "gegebene" Anatomie nun mit der richtigen Technik am besten verbinden lässt, ohne gesundheitliche Risiken eingehen zu müssen, ist schwer zu beantworten. Ich würde mich da an deiner Stelle an die Technik der Meister und Profis halten. Die Profis beherrschen es mit möglichst geringem Einsatz die größt mögliche Wirkung zu erzielen. Wie lange es aber dauert Profi zu werden und wie viele Verletzungen du bis dahin davon getragen hast...?


    Von Fliehkraft (= Zentrifugalkraft) kann hier wohl keine Rede sein, dafür dürften deine und anderer Menschen Kräfte auch bei allerbestem Training nicht ausreichen.


    Den Peitscheneffekt nutzt man wieder um mit wenig Einsatz die größt mögliche Kraft aufzubringen.
    Der Peitschenhieb macht absolut Sinn und ich sehe keinerlei Gefahr darin. Auch denke ich, dass das Strecken des Ellenbogens mit der richtigen Technik eben KEIN Schlagen in das Gelenk ist. Für Peitschenhieb und Ellenbogenstreckung gilt: die Bewegungen werden sehr koordiniert und mit starker muskulärer Kontrolle ausgeführt. Beides ist einer guter Verletzungsschutz für die Gelenke.


    Prinzipiell stehe ich persönlich auf dem Standpunkt: Sport ist Mord, Bewegung ist alles.
    Wenn du etwas gesundheitlich förderliches für deinen Körper tun möchtest, ist diese Art von Kampfsport nicht geeignet, dafür birgt sie ein zu hohes Verletzungsrisiko für deine Finger, Hände, Handgelenke und im für dich besten Fall für das Gesicht des Gegners, im schlechtesten Fall für dein eigenes.

    Gruß von susn

  3. Stellung des Ellbogens bei gestrecktem Arm # 3
    Gast1311
    Hallo Susn,

    spitze(!), ich danke Dir von Herzen für Deine Antwort, sie hat mir insofern sehr geholfen, als Du als "Nicht-Insider" und wenig Information meinerseits, zu einem absolut brauchbaren Ergebnis kommst. Vielleicht hast Du Dich ja auch in die Materie eingearbeitet, was Dir hoch anzurechnen wäre. :-)

    Um es vorweg zu nehmen: ich verdiene mit der Musik (Klarinette und Klavier) meinen Lebensunterhalt, das Risiko einer Verletzung ist innerhalb dieser Kampfkunst sehr gut kalkulierbar. Ich habe lange Basketball (auf Bundesligaebene) gespielt, das war entschieden schädlicher für alle beteiligten Gelenke...;-)

    Außerdem ist es so, daß man sich durch die Konzentration auf ein Detail einen unglaublichen Bewegungsreichtum erschließt, ich habe soetwas (mit selbstredend anderen Schwerpunkten) bisher nur innerhalb der Musik erlebt - wie dem auch sei, WT ist eine gute Sache, ich kann sie nur empfehlen.

    Zurück zum Thema:

    ich habe (auch über das WT) festgestellt, daß ich aufgrund meiner schlechten Haltung, meine Schultern desöfteren nach oben gezogen habe, weshalb die eine oder andere Bewegung der Schultern für mich entweder schmerzhaft waren/sind, bestenfalls andere Muskelgruppen die Arbeit übernommen haben, oder manche Sachen gar nicht oder nur schlecht funktioniert haben und es noch tun... Eben solche körperlichen Mißstände fallen im WT sehr stark ins Gewicht, weil immer der ganze Körper am Kampf beteiligt ist.
    Schulterprobleme hatte ich früher desöfteren, mittlerweile habe ich durch gezielte Theraband-Übungen die Sache einigermaßen im Griff. Ich muß mich generell unheimlich darauf konzentrieren, die Schultern hinten/unten zu halten. Diese Fehlstellung hat natürlich auch direkte Auswirkung auf Ellbogenstellung etc., deswegen ja auch mein Thema...

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