• Der Trend zum Waldbaden

    Was viele Spaziergänger, die es zum Spazierengehen in die Wälder zieht, schon immer geahnt haben, ist durch Studien belegt: Das Verweilen im Wald übt einen positiven Einfluss auf unsere Gesundheit aus. Ältere Studien haben bereits diesen Befund gezeigt. In den letzten Jahren ist der Wald im Zeitalter der Digitalisierung als Gegenmittel gegen großstädtische Zivilisationskrankheiten wiederentdeckt worden. Als Höhepunkt des Trends hin zum Wald gilt das Waldbaden aus Japan. Das Shinri-Yoku, wie es im Land der aufgehenden Sonne heißt, hat in Japan bereits den Rang einer staatlich anerkannten Vorsorgemaßnahme und Therapie gegen zahlreiche Erkrankungen. In den letzten Jahren ist der Trend nach Europa gekommen, immer mehr Menschen zieht es wieder in den Wald.

    Der Wald als Gegengift

    Zugegeben, ganz neu ist der Trend nicht. Im Zeitalter der Industriellen Revolution, wo die Städte explodierten und die Fabriken sich durch die Städte zogen, war viel vom Moloch Großstadt die Rede. Naturalistische Werke wie „Berlin Alexanderplatz“ von Alfred Döblin und expressionistische Dramen wie „Der Steppenwolf“ von Hermann Hesse führten Protagonisten in ihre Romane ein, die an den Einflüssen der modernen Großstadt verzweifelten. Im Zuge, der oftmals romantisch veranlagten Zivilisationskritik im Deutschland der Weimarer Republik erschien der Wald als Sehnsuchtsort und wurde, wenngleich noch nicht mit medizinischen Studien untermauert, zum leuchtenden Vorbild einer ganzen Epoche.



    Wanderbewegungen wie die Wandervögel entstanden, die freie Natur wurde von der Reformbewegung als Ort für ihre Zeltlager und Ausflüge in Beschlag genommen. In den unterschiedlichen Jugendbewegungen in dieser Zeit – ob kirchlich, politisch oder ungebunden – waren Besuche im Wald ein Höhepunkt des gemeinsamen Lebens. Es scheint so zu sein, dass der Wald besonders in Zeiten von Umbrüchen als Korrektiv von großstädtischer Reizüberflutung und Stress die geplagte Seele des Menschen anspricht. In Zeiten von Spannung und Haltlosigkeit verkörpert der Wald Frieden, Zeitlosigkeit und Beständigkeit und hilft damit zivilisationsgeplagten Bürgern zu neuer Kraft und Vitalität.

    Der Wald tut auch der Seele gut

    Auch die Auswirkungen des Waldes auf unsere Psyche war Gegenstand von Untersuchungen. Die gemessenen Effekte waren von einer ähnlich nachhaltigen Wirkung wie bei den Wirkungen gegen physische Erkrankungen, wobei die strikte Trennung zwischen körperlichen und seelischen Erkrankungen in der westlichen Medizin ohnehin nicht mehr unumstritten ist. In den Studien zeigte sich, dass Waldgänger wesentlich weniger Stresshormone im Körper haben als die Kontrollgruppen. Dabei geht es um Hormone wie Kortisol, Adrenalin und Noradrenalin.

    Stattdessen fanden Forscher wesentlich mehr positive Neurotransmitter und Hormone im Körper, die für Glück und Wohlbefinden zuständig sind wie Endorphine, Serotonin und Dopamin. Wissenschaftler raten deshalb zu Waldspaziergängen als vorbeugendes oder akutes Mittel gegen Depression, Burnout, Erschöpfung, Gereiztheit und Stress. Bereits der Geruch von Tannenzapfen sowie das Zwitschern der Vögel erwiesen sich als aktivierend für den Parasympathikus und damit als stärkend für das innere Gleichgewicht. Insofern sind es gleich vier entscheidende Vorteile, die ein Waldspaziergang mit sich bringt: Die Bewegung an sich, die Förderung von Achtsamkeit, die frische Luft sowie die heilsamen Auswirkungen dieses gesunden Ökosystems auf Körper und Seele.