Kaufmichel

Ambulante Meniskus OP - ein Erfahrungsbericht

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von Kaufmichel am 12.12.2012 um 03:45 (5521 Hits)
Hallo mein Name ist Kaufmichel und ich möchte an dieser Stelle meinen Erfahrungsbericht über eine ambulante OP und anschließende Krankengymnastik teilen, da ich So etwas bisher nicht im Web gefunden habe.

Der Meniskusriss eine häufige Sportverletzung und für viele -auch für mich- die erste operative Erfahrung.

Ich denke es könnte vielen bei ihren Entscheidungen helfen, wenn sie ihre Situation mit meiner vergleichen. Würde mich freuen.

VG Kaufmichel
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Kommentare

    OP -240 Tage: Bin eigentlich Sportler, spiele seit meinem 6 Lebensjahr Hockey, Tennis und laufe regelmäßig, mind. 2 mal die Wo. Bürojob viel sitzen viele Überstunden. Heute mal wieder 16km gelaufen und auf die ganz alten Turnschuhe gewechselt. Zu viel Asphalt dabei gewesen, dachte mir noch: blöde Kombi.
    Während des Laufens schon gemerkt - heute läuft es irgendwie nicht rund. Danach Knieprobleme, nicht dick, aber überlastet irgendwie.
    OP -235 Tage: Bin seit 5 Tagen am humpeln, langsam wird's aber besser. Dennoch das Körpergefühl sagt: diesmal ist was anders - könnte aber auch nur eine Überlastung oder Prellung sein, mal sehen.
    OP -230 Tage: ich kann wieder schmerzfrei gehen und versuche es wieder mit einer kleinen Runde Laufen. Es geht, aber das Linke Knie ist irgendwie unelastisch und noch traumatisiert. Nach 4km höre ich aus Vernunftsgründen auf.
    Aktualisiert: 12.12.2012 um 16:55 von Kaufmichel
    OP -100 Tage: So schlimm ist es nicht. Gehen und Bewegen ist beschwerdefrei. Wenn nur nicht der Sport fehlen würde! So kann es nicht weiter gehen. Nach 20 Metern laufen merke ich das doofe Knie. Meine Lauf- App meldet sich auch schon verzweifelt, wegen fehlender Aktivitäten. Nur mit Radfahren kann ich sie regelmäßig noch besänftigten. Aber auch da ist das Knie immer dabei, einmal von der Pedale abrutschen - doofe Sache.
    OP -90 Tage: Bin doch mal zum Hausarzt gegangen. Der macht ein paar Bewegungsübungen und sagt, es wäre unauffällig. Wir könnten ja mal Akkupunktur machen. Mein Hausarzt ist mir in den letzten Jahren immer wieder mit "komischen" Behandlungsvorschlägen gekommen, meistens mir nicht geringer Kostenbeteiligung (Eigenblutspende etc.). Ich frage mich warum denn nicht mal MRT, dann weiß man doch Bescheid. Klar, die Gesundheitsreform - ich weiß.
    OP -60 Tage: Habe den Hausarzt gewechselt und ein MRT machen lassen. Der Befund ist eindeutig und passt zu der Stelle mit den Schmerzen. Der Radiologe hat es ohne Vorgespräch erkannt. -Innenmeniskusriss. Na Super, aber wenigstens weiß ich jetzt Bescheid und das Knie meldet sich in letzter Zeit immer regelmäßiger. Insbesondere wenn ich vom Bürostuhl nach längerem Sitzen oder nach einer Bahnfahrt -Holzklasse- aufstehe. Eine Baker Zyste ist auch noch drin. Alles klar!
    OP -50 Tage: Mein neuer, sehr guter Hausarzt erklärt mir am Modell eines Knies was Sache ist und dass es von alleine nicht besser wird. Im Gegenteil, der Knorpel kann irreparablen Schaden nehmen. Er rät mir zur OP. Ich hatte selten eine so guten Hausarzt!
    OP -10 Tage: Bin bei meinem Orthopäden; habe Glück denn er ist eine Koryphäe auf dem Gebiet Knie. Ich bin irgendwie noch in seiner Patientenakte, weil ich vor 10 Jahren schon mal da war (Bänderriss) -jetzt nimmt er eigentlich nur noch Privatpatienten -die Praxis sieht aber aus wie damals. Jetzt muß ich nur diesen dicken nordafrikanischen General (mit Leibwächter) und den Fußballer -offensichtlich Privatpatienten- an mir vorbei lassen und schon komme ich dran. Hier herrscht fast Termintreue.
    Zwischenzeitlich habe ich mal in diversen Bewertungsportalen nachgegoogelt; demnach ist mein zukünftiger Operateur fachlich Note 1; menschlich eher schwächer. Aber egal und vielleicht wurde das Menschliche zugunsten von Effizienz einfach ein wenig nach hinten verlagert.
    Überraschender Weise verstehen wir uns aber auf Anhieb. Er erzählt von seinem Sohn, den er gerade letzte Woche operiert hat, gemeinsam schauen wir auf die MRTs. Er meckert, weil ich nicht schon früher gekommen bin; mein Hausarzt hätte schließlich Recht gehabt. Gut, ich dachte halt es geht noch...

    ...und außerdem habe ich Schiss, weil a) ich noch nie ne OP oder Vollnarkose gehabt habe und b) einer meiner besten Freunden bei so einer beschissenen Athroskopie einen Multiresistenten Keim eingefangen hatte. Als Resultat war fast sein ganzes Leben weg, am Ende aber nur das Knie (jetzt Prothese).

    Er sagt mir, dass er in seinem OP noch nie so einen Fall gehabt hätte, diesen Pfusch machen immer nur die Krankenhäuser oder Kliniken. Deshalb sei ambulant auch besser. Er gibt mir einen Termin für seinen Anästhesisten, der zwei Türen weiter sein Sprechzimmer hat und versichert, dass die OP absoluter Standard ist, den er schließlich schon 30.000! mal durchgeführt hat.

    Plötzlich springt er raus zum nächsten Termin - als doch Zeitmanagement, denke ich, während in meinem Hinterkopf ein Rechenmodell aus Lebensalter, Anzahl OPs pro Tag und Berufseintritt hilflos Fragezeichen produziert. 30.000!

    Der Anästhesist hat heute seinen schlechten Tag, gerade bekomme ich mit, wie er den Techniker runter macht, da eines seiner Überwachungssysteme nicht richtig arbeitet. Im Nachgang entschuldigt er sich bei mir, - so muss man hält mit Handwerkern reden- fährt aber im gleichen Jargon weiter mit mir fort. Offensichtlich hält er mich auch für einen Handwerker.

    Am Ende des Tages habe ich einen ambulanten OP- Termin, ein gutes Gefühl über den Operateur und ein schlechtes wg. des Anästhesisten.

    Abends klingelt bei mir Zuhause das Telefon, es ist der Anästhesist, ich habe meinen Überweisungsschein für den Hausarzt (Voruntersuchung, EKG, Blut, Gewicht etc.) vergessen, er würde ihn mir nachschicken. Vielleicht doch nicht so übel der Mann.
    Aktualisiert: 12.12.2012 um 16:57 von Kaufmichel
    OP 0 Tage: Heute ist OP Tag. Die Voruntersuchung beim Hausarzt war o.k. Nach kurzer Wartezeit liege ich im Aufwachraum zur Vorbereitung der OP. Um mich herum 8 weitere Patienten, die entweder wie ich für eine OP vorbereitet werden oder gerade aus einer solchen kommen. Mein Rechenmodell komplettiert sich.

    Ich bekomme mein linkes Bein rasiert, das Rechte behält aus Verwechslungsgründen den Strumpf an, wie simpel. Sollte aber hoffentlich nicht die einzige Indikation sein.

    Ich erlebe, wie zwei meiner Mitstreiter langsam aus der Narkose erwachen. Die eine Dame hat einen heftigen Schüttelfrost, offensichtlich eine individuelle Begleiterscheinung.
    Mein Gegenüber macht mir aber mehr Sorgen. Sie hat Übelkeit und heftigste Schmerzen. Die Schlafraumschwester ist aufmerksam, sie hat alle im Blick und ist nicht länger als 2 Minuten außerhalb des Raumes. Sie verabreicht eine Schüssel und eine 2. Flasche Schmerzmittel nach Rücksprache mit dem Anästhesisten. Als der Schmerz immer noch nicht besser ist, mache ich mir Gedanken über mein forsches Vorhaben. So wie es sich für mein Gegenüber wohl anfühlt braucht man wohl keine Narkose für die OP, wenn der Schmerz dann doch so unvermindert kommt. Die Frau tut mir leid.
    Mein Orthopäde und Operateur kommt in den Schlafraum, schüttelt kurz allen geistig anwesenden die Hände und zieht der Frau die Drainage. Sie sitzt wohl falsch. Ihr Schmerz läßt nach kurzer Zeit nach. Gott sei Dank!

    Nachdem ich einen Zugang bekommen habe, gehe ich eigenen Schrittes und mit einem Socken in das neu desinfizierte OP. Dort lege ich mich hin und bekomme ich die Lebensüberwachung angeschaltet. Nochmals werde ich über die anstehende OP befragt, welches Bein? Ich gebe Antwort und mache mir so meine Gedanken. Mein "Freund" der Anästhesist ist auch schon da. Er schließt irgendein Wundermittel an den Zugang an, es wird kurz warm, fließt durch den Körper und irgendwie kommt es mir so vor als hätte ich Knoblauch eingeatmet. Das war's dann wohl und tschüss innerhalb einer Minute.

    Als ich aufwache hält mir jmd eine. Becher Wasser vor die Nase. Ich denke noch, och nö, gerne noch ein bisschen Schlafen und dann kommt es mir in den Sinn: Ist die OP schon fertig? Wo ist mein Bein, wo ist der Schmerz?
    Zu meiner Überraschung ist alles gut. Eigentlich spüre ich nur den Schnitt, den mir die Schwester mit dem Rasierer an der Wade beigebracht hatte. Sollte das alles sein?

    Eine Stunde und mehrere Gläser Wasser und Tee später verlasse ich auf Krücken die Praxis. In der Tasche meiner Jogginghose liegt die Drainagepumpe, von deren Schläuchen ich rein gar nix spüre. Drogen?
    Aktualisiert: 12.12.2012 um 16:58 von Kaufmichel
    OP + 1Tag: Ich liege nachts im Bett, kein Schmerz, kein nix nur Anspannung und diese doofe Drainageflasche, die mich zwingt auf dem Rücken zu schlafen. -Geht nicht! Der Körper pumpt die Medikamente. Ich trinke viel und muß immer wieder auf Klo. Aus Verzweiflung Schlaf zu finden, fange ich diesen Blog an.

    Zum Glück bekomme ich kein Fieber wie mein Kumpel mit der Blutvergiftung. Eigentlich ist alles gut. Klar, das Knie ist traumatisiert, aber sonst... Ich mache mir zu viele Gedanken. Am nächsten Morgen geht es mir noch besser. Der Einbruch bleibt aus.

    Ich fahre mit dem Krankentaxi zur Praxis, mein Orthopäde operiert bereits wieder seit 07:00. Während der kurzen Besprechung wird mein Drainage gezogen. In Erwartung großer Schmerzen verpasse ich den eigentlichen Augenblick, stattdessen nur ein kurzer Moment innerlicher Übelkeit, das war's.
    Ich frage noch nach, ob ich die Schmerztabletten nehmen muß, da ja ohne Schmerzen. Die Antwort ist, nö. Außerdem könnte ich jetzt ohne Krücken gehen. Tatsächlich geht es jetzt ohne Drainage noch besser. Ich überlege kurz, ob ich diesem Vorschlag Folge leisten soll. Möglicherweise gehört dieser Schritt -"Krückenreceyceling durch Jesuseffekt" auch zum Effiziensprogramm der Praxis. Ich entscheide mich die Praxis mit Stöcken zu verlassen, schließlich liegt draußen Schnee.

    Irgendwie kann ich es nicht glauben, irgendwie bin ich bislang fehlerfrei durch einen sehr effizient gemanagten Behandlungsprozeß gegangen. Und bis auf die Sockengeschichte und dem "bring your own medicine" kann ich nix daran aussetzen. (Wg. der Medizin - ich mußte die von mir im OP verbrauchte Antibiotika ersetzen, vermutlich weil so spät im Quartal).

    Mal sehen, was noch kommt, morgen beginnt die Krankengymnastik und Fäden werden in 6 Tagen gezogen.
    Aktualisiert: 12.12.2012 um 12:10 von Kaufmichel
    Der Physio war nett und freundlich; eine angenehme Atmosphäre. Er ist sehr vorsichtig an mein Knie heran gegangen, etwas Drainage-Übung, das war's für's Erste. Den Heimweg von ca. 400 M gehe ich zu Fuß. Habe ein schlechtes Gewissen, ob es Selbstüberschätzung ist, wollte aber kein Taxi oder Freund bitten.
    Es geht überraschend gut, wenn es so weiter geht, lass ich eine Krücke morgen weg.
    OP +2 Tage: Ich gehe ohne Krücken durchs Haus, natürlich humpelnd. Das Knie juckt - Heilungsprozess. Ein, zwei Treppenstufen sind ohne Zwischenschritt schon möglich, scheinen mir aber noch nicht ratsam. Werde nachher wieder zur Physio laufen. Mal sehen, ob ich die Krücken mitnehme. Werde mich erst wieder in ein paar Tagen melden. Ist ja derzeit nicht so interessant.
    OP + 10 Tage: Naja, ich bin zwar schmerzfrei und das ursprüngliche Ziel scheint erreicht, jedoch wird immer noch leicht gehumpelt und nach Belastung geht das Knie "zu", d.h. Verspannungen innerhalb des Knies und Schwellungen nach Belastung. Das Knie sieht auch immer noch leicht unförmig aus, obwohl nicht wirklich dick. Wahrscheinlich immer noch Trauma. Irgendwie werde ich langsam ungeduldig. Es ist halt kein üblicher Erkältungszeitraum. Mal sehen. Physio rät mir zur Geduld.