Hallo Herr H-H,
nun werd mal nicht persönlich. Aber da du schon fragst, Ehemann, Kinder, Auto, alles bestens. Ich brauche überhaupt keinen privaten Ärger, um mich über unser System so aufzuregen, dass ich einen Blutdruck von 180 kriege.
Grundlegende Neuausrichtung unserer Sozialsysteme o.k. Langfristig wird das wohl unumgänglich sein - sehe ich auch so. Dabei werden dann die Heilmittelerbringer eine eher nachgelagerte Rolle spielen. Welche Rolle wir spielen werden hängt m.E. maßgeblich davon ab wie sich dieser Berufsstand in den nächsten Jahren in der Bevölkerung positioniert und ob endlich(!) damit begonnen wird Lobbyarbeit zu betreiben.
Sorry, Hans-Heinrich, aber für mich ist deine oben zitierte Aussage genauso sinnentleert, wie die ganzen schon durchgeführten und neu angedachten Versuche unser Gesundheitssystem zu revolutionieren.
Lobbyarbeit? Mit unseren Berufsverbänden, die eine Erhöhung von 14 Cent pro Behandlung als Erfolg feiern?
Lobbyarbeit? Mit meinen Praxisinhaberkollegen, die aus Konkurrenzgründen immer noch 30 Minuten behandeln?
Lobbyarbeit? Mit meinen Berufskollegen, die aus Gründen der effektiveren Behandlung 30 Minuten behandeln möchten und sich dann aber über das schlechte Gehalt beschweren?
Lobbyarbeit?
Wir haben keine Lobby!
Genau wie die Ärzte keine ernstzunehmende Lobby haben, denn erreicht haben sie bisher keine Verbesserung, weder für die Patienten, noch für sich selbst. Wie viele Patienten gehen denn auf die Ärztedemos? Wie viele Patienten beschweren sich bei ihren Krankenkassen, oder ihrem Abgeordneten ihres Wahlbezirks? Die meisten Patienten meckern den Arzt an!
Welche Rolle wir spielen werden hängt m.E. maßgeblich davon ab wie sich dieser Berufsstand in den nächsten Jahren in der Bevölkerung positioniert...
Physiotherapie gibt es seit Jahrzehnten. Und wie meinst du, dass man unseren Berufsstand nun plötzlich besser bei der Bevölkerung positionieren könnte? Durch Demos, durch Streiks (übermorgen haben wir geschlossen, aber dafür können sie am Freitag um 20 Uhr kommen), durch Plakataktionen (Und tut der Rücken einmal weh, der Physio, der machts ok.), durch Schmiergeld (das wäre zumindest Lobbyarbeit, wie sie in unserem Land gang und gäbe ist)???
Wir alle im Gesundheitssystem Arbeitenden, wir werden letztendlich von unseren Kunden, also unseren Patienten bezahlt. Unsere Kunden sind nicht die GKVs oder PKVs, weder das Gesundheitsministerium, noch die Ärzte. Und so lange unsere Kunden nicht für unsere Existenz kämpfen wollen, bleiben wir erfolglos. Ich schreibe jetzt hier im Forum zum xten Mal, dass unsere einzige Chance darin besteht, uns durch qualifizierte Arbeit bei unseren Patienten unverzichtbar zu machen.
Kurz- und mittelfristig betrachtet kann ein Betrieb ab einer gewissen Größe schlicht und ergreifend (noch) nicht ohne die GKV existieren.
Ja und, dann halt wieder kleine Praxen. Hat früher auch wunderbar funktioniert!
Es kann ja wohl nicht angehen, daß schon heute einzelne Kostenträger die Einnahmenseite des bestehenden Systems dankend annehmen, andererseits aber eigenmächtig und gesetzwidrig die Leistungsseite kürzen. Teils direkt, und Teils - wie in BaWü - durch die Hintertür, in dem man die Leistungserbringer anpinkelt.
Nein, das kann man natürlich nicht durchgehen lassen. Bin gespannt, wie sich die betroffenen Leistungserbringer wehren werden...
Schönes Wochenende,
Gruß von susn