Hallo Sapperlot,
in meinen sechs MT-Büchern (Fritsch, v.d. El, Dvorak, Bischoff) ist von den dir beschriebenen Ausdrücken keine Rede. Auch auf allen meinen MT-Fobis hatte ich nie davon gehört.
Habe mir von einer Kollegin heute morgen das Buch "Wirbelsäule, Manuelle Untersuchungen und Mobilisationen von Kaltenborn) mitbringen lassen, und hier bin ich fündig geworden.
Ich denke, dass sich die folgenden Begriffe NUR auf Bewegungen der Wirbelsäule beziehen, da hier nie "reine" Bewegungen wie in den Extremitäten vorkommen, da die Bewegungen der WS immer Bewegungen mehrer Gelenke sind.
Alle Bewegungen der WS werden nach Kaltenborn unterteilt in:
1. einfache Bewegungen
a) Rotationsbewegungen, welche nach Kaltenborn Ventralflex, Dorsalext, Laflex und Rotation sind.
Diese Bewegungen werden als "anatomisch" bezeichnet, weil es "künstliche" = reinachsige Bewegungen sind, die in der Natur so nicht vorkommen (die natürlichen Bewegungen sind nach Kaltenborn "zusammengesetzte Bewegungen" (später mehr dazu) also nur passiv ausgeführt werden können).
b) Translationsbewegungen, welche nur passiv möglich sind:
Traktion, Kopression und Gleiten
2. Zusammengesetzte Bewegungen, werden nach Kaltenborn "funktionell" bezeichnet, da es Bewegungen sind, die aktiv ausgeführt werden können.
a) gekoppelte Bewegungen sind Bewegungen, die aktiv ausgeführt "automatisch" geschehen = physiologisch sind.
Diese Bewegungen sind immer mehrachsig, und ergeben sich aus der Geometrie der Wirbelgelenke und der Ligamente:
So ist z.B. bei in Flexionsvoreinstellung der BWS die Rotation gekoppelt an eine Latflex zur selben Seite.
D.h.: bittest du einen Patienten sich nach vorne zu beugen und dabei gleichzeitig den Oberkörper zur rechten Seite zu drehen, wird der Patient automatisch eine Latflex zur rechten Seite ausführen.
b) kombinierte, nicht gekoppelte Bewegungen sind Bewegungen, die zwar auch aktiv ausgeführt werden können, aber nicht gekoppelt = nicht physiologisch sind, d.h., dass man sie zwar aktiv ausführen kann, sie sich aber nicht automatisch ergeben, sondern bewusst gesteuert werden müssen: z.B. Flexionvoreinstellung der BWS, Patient soll nun nach rechts drehen dabei aber zur linken Seite die Latflex ausführen.
Versuche es selbst einmal und du wirst merken, dass eine Rotation nach rechts mit Latflex nach links weniger Bewegungsausmaß ergibt als eine Rotation nach rechts mit Latflex nach rechts.
Kaltenborn beziechnet diese kombinierte, nicht gekoppelte Bewegung selbst als "fälschlicherweise unphysiologisch", da
z.B. hypermobile Patienten gerne so bewegen um eine bessere Stabilität zu erreichen.
Sorry, ich habe deinem Lehrer wirklich Unrecht getan mit meiner Vermutung, dass er sich vielleicht falsch ausgedrückt hat oder es vielleicht selbst nicht verstanden hat. Diese Mutmaßungen habe ich ausschließlich meiner Unwissenheit zuzuschreiben, sorry, sorry, sorry!!!
Somit haben auch meine Erläuterungen in meinem ersten Beitrag NICHTS mit den von deinem Lehrer verwendeten Ausdrücken zu tun. Mein Erklärungsansatz bezog sich auf die Roll-Gleit-Bewegungen, die innerhalb des Gelenkes stattfinden (Arthrokinematik). Die von deinem Lehrer verwendeten Ausdrücke beziehen sich auf allgemein mögliche Bewegungen der Knochen (Osteokinematik).
Gruß von susn