Persönliche Grenzen
aga schrieb:
Aua , ich habe mir gerade den gesammten Treat durchgelesen.
Als Physiotherapeut bin ich natürlich über Kollegen, die solche Situationen provozieren und ausnutzen verärgert und wütend.
Als Mann muss ich sagen , das mann natürlich immer sehr schnell in ein solches Licht gestelt werden kann. ( Als ob Frauen prinziepiell unschuldig sein)
Das soll nichts beschönigen oder relativieren.
Letztendlich sollte man sich immer fragen, wie würdest DU dich in der gleichen Situation fühlen und wie kann man es dem anderen erleichtern um dessen persönliche Grenzen zu wahren.
Aber wenn man wirklich in den Raum eindringen muss, zB Behandlung einer Brust bei einer lymphatischen Abflussstörung.
Muss man die Menschen vorher aufklären, warum das jetzt sein muss und welche Mechanismen da wirken.
Hallo aga,
ja, irgendwie hast du es gut erfasst.
Es geht nicht unbedingt um die persönliche Grenze, den persönlichen Raum, - je nach Anlass und Erfordernissen können sich diese Grenzen ändern, wenn es therapeutisch/medizinisch notwendig ist (siehe auch z.B. Urologie, Gynäkologie, Innere Medizin,...).
Das Entscheidende bei einem Übergriff ist die Absicht, ob die Berührung sexuell werden soll oder nicht.
Diese Absicht erkenne ich als Patient nicht, vor allem nicht, wenn alles therapeutisch begründet wird.
Die Übergriffe, die ich erlebt habe, waren energetischer Natur.
In bestimmten Behandlungsmethoden (Cranio sacrale Therapie / Akupunktmassage nach Penzel) wurde bei mir, als ich tief entspannt war, PLÖTZLICH bioenergetisch (ganzheitlich, Yin/Yang - was weiss ich nicht alles...ich hab keine Ahnung...mir wird angst und bange und elend zumute, wenn ich mir vorstelle, was die Theras für eine Macht über meinen Körper haben, ohne, dass ich irgendetwas davon weiss...) absichtsvoll innerhalb ultrakurzer Zeit die massivste sexuelle Erregung erzeugt.
Nie wieder werde ich mich in einer Behandlung entspannen können...
Ich fühle mich zum K....n wegen dieser Erniedrigung, dieser Bloßstellung - und das alles in einer medizinischen Behandlung, abgerechnet bei der Krankenkasse...
Diejenigen unter euch, die sich mit energetischen Methoden auskennen, werden mich schon verstanden haben.
Es sträubt sich in mir z.Zt. noch alles dagegen, nähere Beschreibungen abzugeben.
Aber vielleicht helfen meine Ausführungen einigen von euch, die sich nicht sicher sind, ob sie einen Übergriff erlebt haben, sich selbst klarer zu werden.
Bei dieser Art Übergriffe reagiert der Körper reflexartig, was ich nicht wußte, hat mir meine Psychologin erklärt (Physiotherapeuten wissen das auch, wieso wissen wir Patientinnen das nicht?). Sie sagte: "Das macht der Körper, nicht die eigene Person..."
Für mich persönlich ist es besonders schwierig, damit umzugehen, dass ich in der Missbrauchssituation ausschließlich damit beschäftigt war, meine ungewollten körperlichen Reaktionen runterzufahren und zu verbergen, sodass ich keine aggressiven Gefühle aufbauen konnte, um mich vehement zu wehren.
Kann mir vielleicht jemand von euch Fachleuten erklären, wieso rein körperlich keine Aggressionen entstehen bei dieser Art Übergriff? Das wäre supernett von euch - ich brauche jede Verständnishilfe um irgendwie mit mir klarzukommen.
Wehren konnte ich mich nur vom Kopf her, mit wenigen (viel zu schwachen) Worten, um möglichst schnell die Szene zu verlassen, um nicht mehr BEOBACHTET zu werden, um mit mir ins Reine zu kommen.
Tatsächlich konnte ich jedoch nur schneckenlangsam in Bewegung kommen. Mir war zusätzlich schwindelig ohne Ende, ...bis ich meine Kleidung richtig angezogen hatte ...so was von langsam und desorientiert...bis ich Auto fahren konnte...und dann diese ewigen Grübeleien...die Unfähigkeit mich zu konzentrieren... was mir in der nächsten Zeit alles schief gegangen ist...ich zweifelte zutiefst an mir, und es wurde erst besser, als ich so nach und nach mit Beraterinnen darüber sprechen konnte...
Im Nachhinein hätte ich den übergrifflichen Männern am liebsten eine geknallt und mache mir die größten Vorwürfe, so passiv geblieben zu sein.
In anderen aufdringlichen Situationen auf "Augenhöhe", Tanzen, Straße, Sauna ... kann ich mich ganz gut gegen Belästigung behaupten und die Fronten klären.
Frauen schämen sich für aufgezwungene, ungewollte sexuelle körperliche Reaktionen, glauben, sie seien Schuld und schweigen.
Wenn frau Vertrauen zum Thera gefasst hat, rechnet sie niemals mit dieser perfiden Absicht des Behandlers (und sie weiss nichts von seinem Wissen!), vergräbt solche Erlebnisse in ihrem Herzen und schadet sich auf Dauer, wird immer unsicherer. Es ist halt ein Beziehungstrauma.
Besser ist, sich Hilfe zu holen und die Erlebnisse durchzuarbeiten.
Puh - war gar nicht so leicht für mich, das alles so zu schreiben!
Hoffentlich hilft es einigen von euch weiter.

Gerne beantworte ich euch Fragen zu diesem Thema (Private Nachrichten?).
Ich finde, wir Frauen dürfen uns so etwas nicht gefallen lassen. Wir sind ja auch verantwortlich für alle Patientinnen (besonders unsere ganz jungen Geschlechtsgenossinnen), die nach uns "behandelt" werden.
Gruß christin