Hallo KL-GE,
Massage ist nur ein sehr sehr kleiner Bereich der Physiotherapie, deshalb fühle ich mich in dem von dir zitierten Vergleich überhaupt nicht angesprochen. Ich kann da beim besten Willen kein „Niedermachen“ der PTs draus lesen. Oder anders: wer sich da angesprochen fühlt...
Massage verspricht wenig Aussicht auf Heilung, und deshalb kann ich dem Vergleich aus dem Ärzteblatt zwischen Massage und Akupunktur nur zustimmen. Die haben recht: eine gute Akupunktur bringt mehr als eine gute Massage.
Nun liebe Susn, hast du eine Idee, wie man unseren Stand verbessern könnte?
Ja, an der Qualitätssicherung arbeiten. Und auch hier ist jeder Berufsverband machtlos, denn der Berufsverband impft uns kein Wissen ein, das können nur wir selbst tun.
Ich persönlich kenne einige Orthopäden und Ärzte aus anderen Disziplinen, die mir und den Patienten gegenüber zugeben, dass viele PTs bessere körperliche Untersuchungen machen als die Ärzte selbst. Viele Ärzte geben auch zu, dass sie das Untersuchen der Patienten im Studium nie gelernt haben und sich deshalb auf die bildgebende und andere Diagnostik verlassen müssen. Nun sind aber vielerlei Funktionsstörungen weder im Blutbild noch im Rö, MRT, CT sichtbar.
Also, warum sollten wir unsere Stärke nicht nutzen und den Patienten und Ärzten zeigen, was wir alles können. Das würde meiner Meinung nach den größten Erfolg in Bezug auf Verbesserung unseres Ansehens bringen.
Vor Jahren hatten die Verbände die Chance gehabt, zu einer Kammer aufzusteigen. Ebenfalls vor einigen Jahren hatten wir die Chance, dass Heilpraktikergesetz endlich abzuschaffen. Das sind nur einige Beispiele, an dem die Verbände wieder anknöpfen könnten.
Und, was würde uns das bringen? Heilpraktiker weg vom Fenster + Kammer statt Verband = mehr Arbeit für PTS? Wer es glaubt wird seelig...
Gerade der Präventivbereich gehört ebenfalls zu unseren Aufgaben. Wir wissen wie wir uns bewegen müßen und sehen Gefahren deutlicher als andere.
Zur Prävention: jeder soll sich so bewegen wie er will und kann. Denn nicht das Bewegen selbst macht eine Pathologie, sondern Einseitigkeit von Bewegung und Haltung, zu wenig Bewegung, zuviel Essen, zuviel Alk, zuviel Frust, zuviel Sorgen. Darauf mache ich meine Patienten natürlich aufmerksam und bekomme immer wieder zu hören: „wenn ich abends nach hause komme bin ich zu müde um Sport oder Übungen zu machen, während der Arbeit habe ich auch keine Zeit dafür, und ich schaffe es einfach nicht etwas an meiner Ernährung zu ändern“, etc. Ich kann schließlich nicht ständig neben meinen Patienten stehen und sie in die aufrechte Haltung treten, ihnen den Stuhl aus dem Büro klauen, sie allabendlich über die Piste scheuchen, und ihnen Bananen statt der Süßigkeiten in den Mund stecken. Ich persönlich zucke nur mit den Schultern, wenn ein Patient auf meine Frage „haben sie geübt, klappt die aufrechte Haltung?“ antwortet „nein, ich bin nicht dazu gekommen, und meine Schmerzen sind auch noch da“ und sage „ich kann nicht zaubern, um eine Verbesserung zu erreichen müssen wir schon gemeinsam an einem Strang ziehen, sonst wird das nichts“.
Und nun soll in der Prävention das funktionieren, was schon bei Patienten mit Beschwerden nicht klappt?
Als wirklich sinnvolles Betätigungsfeld für PTs im Bereich der Prävention würde ich an den Schulen das Unterrichtsfach „Gesundheit und Körper“ einführen. Nicht als erhobener Zeigefinger "sitzt gerade", sondern als Aufklärung. Denn nur frühzeitiges Wissen schützt vor Fehlverhalten, und Kinder sind noch nicht so festgefahren, was Haltung und Verhalten angeht wie Erwachsene. Aber so ein Fach dürften wir PTs ja rechtlich gesehen gar nicht unterrichten, weil wir nicht studiert haben und somit keine Lehrbefugnis an öffentlichen Schulen besitzen.
Gruß von susn